Nach jahrzehntelanger Beobachtung und Organisationsberatung sind hier Gesetze des Organisationsverhaltens nach Larman.
1. Organisationen sind implizit darauf optimiert, den Status quo der mittleren und ersten Führungsebene und der „Spezialisten“-Positionen und Machtstrukturen nicht zu verändern.
2. Als logische Folge von (1) wird jede Veränderungsinitiative darauf reduziert, die neue Terminologie neu zu definieren oder zu überfrachten, so dass sie im Grunde dasselbe bedeutet wie der Status quo.
3. Als Folge von (1) wird jede Veränderungsinitiative als „puristisch“, „theoretisch“, „revolutionär“, „Religion“ und „pragmatische Anpassung an lokale Belange“ verspottet – was davon ablenkt, sich mit den Schwächen und dem Status quo der Manager/Spezialisten zu befassen.
4. Als logische Folge von (1) werden einige Manager und einzelne Fachleute, wenn sie nach der Veränderung immer noch versetzt werden, zu „Coaches/Trainern“ für die Veränderung, was (2) und (3) häufig noch verstärkt.
(5) (in großen, etablierten Unternehmen) Die Kultur folgt der Struktur. Und in kleinen, jungen Organisationen folgt die Struktur der Kultur.
In großen etablierten Gruppen folgt die Kultur/das Verhalten/die Denkweise den Veränderungen im Organisationssystem und -design und ist von diesen beeinflusst. Das heißt, um in großen etablierten Organisationen die Kultur wirklich zu ändern, muss man mit der Änderung des Organisationssystems beginnen. Das sind Gruppen, Teams, Rollen und Verantwortlichkeiten, Hierarchien, Karrierewege, Richtlinien, Mess- und Belohnungsmechanismen usw. Die Kultur ändert sich sonst nicht wirklich. Anders ausgedrückt: Das Organisationssystem hat einen starken Einfluss auf Denkweise und Verhalten.
Der Verfechter des Systemdenkens John Seddon hat dies ebenfalls beobachtet. „Der Versuch, die Kultur einer Organisation zu ändern, ist eine Torheit und scheitert immer. Das Verhalten der Menschen (die Kultur) ist ein Produkt des Systems. Wenn man das System ändert, ändert sich das Verhalten der Menschen.“
Dies ist eine Beobachtung in großen, etablierten Organisationen; im Gegensatz dazu ist es in kleinen Start-ups genau umgekehrt: Die Struktur folgt der Kultur. Das heißt, die (wahrscheinlich einfache und informelle) Organisationsstruktur spiegelt die Denkweise und Kultur der wenigen Mitglieder des Start-ups wider. Wenn die Organisation wächst, kehrt sich das in der Regel irgendwann um und die Kultur folgt der Struktur.
Und „culture follows structure“ (in großen Gruppen) ist der Grund, warum reine „Mindset“-Ansätze, wie z.B. organisatorisches Lernen, in großen Gruppen nicht sehr nachhaltig sind. Deshalb neigen Frameworks wie Scrum (die sich zu Beginn stark auf strukturelle Veränderungen konzentrieren) dazu, die Kultur schneller zu beeinflussen. Es scheint also sinnvoll strukturelle Veränderungen als Einstiegspunkt einer Transformation zu nutzen.
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